Oratorium „Ans Licht“
von Andreas Willscher und Klaus Lutterbüse
Der Hamburger Komponist Andreas Willscher schuf gemeinsam mit Texter Klaus Lutterbüse ein Oratorium über die Lübecker Märtyrer. Es ist ein textlich-musikalisches Werk, das nicht so sehr die Biografien, sondern die geistliche Haltung und die theologische Reflexion vom Leben und Sterben der vier Geistlichen beleuchtet. Zu Gehör kommt eine Zusammenstellung aus Bibeltexten, Abschiedsbriefen, Predigten, Reden und Gedichte, die vom Licht in Zeichen der Dunkelheit sprechen und als mutiges Lebenszeugnis für die jeweilige Zeit Ansporn und Mahnung sein können. Die vollständige Erstaufführung findet am 17. März 2013 in Hamburg-Wandsbek statt, einzelne Teile wurden schon vorher öffentlich aufgeführt.
Komponist Andreas Willscher zur musikalischen Gestaltung des Oratoriums
Die für ein
Oratorium vielleicht eher spartanische Instrumentalbesetzung ist
aufführungspraktischen Erwägungen geschuldet. Der große Refrain des Oratoriums
ist die Amboss-Thematik („Wir sind zur Zeit Amboss“) aus einer Predigt des Kardinals von Galen 1943 in Münster, die auch von den Lübecker Märtyrern verbreitet wurde. Nicht umsonst beginnen
die insgesamt viermal wiederkehrenden dissonanten, aufwühlenden Amboss-Sätze
mit dem Zitat des „Te Deum laudamus“.
Der große Teil des Oratoriums sind aber Passagen des Lichtes. Es lag nahe, die Reden und Briefe den Vokalsolisten zuzuordnen und die Gedichte und Passagen der Bibel in die Verantwortung der Chöre zu legen. Der Choral am Ende der Passion ist eine frühere Version von „Ein Haus voll Glorie schauet“. Der alte Text korrespondiert hervorragend mit den anderen Texten des Oratoriums. Es besteht die Möglichkeit, dass die Zuhörergemeinde die letzten beiden Strophen mitsingt. Der Komponist deutet sie als ein „Credo“, aber auch als einen Ausblick auf die ökumenische Zukunft der Kirchen. Veröffentlicht wurde der Choral in einem katholischen Militär-Gesangbuch, das 1944 in Besitz von Franz von de Berg gelangte.
Als Komponist hat man Verantwortung für jede Note, die „in die Welt gesetzt wird“. Insofern enthält das Oratorium keine Note zuviel. Letztendlich aber ist es ja der Heilige Geist, der die „Noten lenkt“.
Texter Klaus Lutterbüse zur Textauswahl im Oratorium
Man hätte
bei der Gestaltung und Auswahl der Texte bei einer mehr allgemeinen,
generalisierenden Kontrast-Metaphorik von Finsternis/Dunkel und Licht
verbleiben können. Doch dann hätte das Oratorium in gleicher Weise auch
auf alle möglichen schon frühchristlichen Märtyrer zutreffen können.
Hier galt es aber, das Zeugnis der Märtyrer historisch zu verorten, um zugleich die prophetische Funktion der Kirche zu konkretisieren, die in ihrem Zeugnis greifbar wird. So galt es z. B. auf die Hirtenbriefe des Bischofs Clemens August Graf von Galen, des „Löwen von Münster“, zurückzugreifen, deren Verbreitung durch die Lübecker Kapläne ja einer der wichtigsten Verhaftungs- und Verurteilungsgründe war. Ein anderer Auslöser war in der Verhängung des Kreuzes durch eine nationalsozialistische Regionalgröße gegeben, die den evangelischen Pfarrer Stellbrink so empörte, dass er nach der Bombardierung Lübecks öffentlich zu sagen wagte, hier mache sich die Stimme Gottes vernehmbar und werde wohl so manchen neu beten lehren. Das mochten die Machthaber des tyrannischen Systems nicht ungestraft hinnehmen.
Deutlich wird im Oratorium, dass die Gemeinschaft der Kirche auch der Ort ist, wo solche mutigen Zeugnisse stets neu erinnert und durch solch je aktuelles Gedenken vor dem Vergessen bewahrt werden.
Durch den Blick auf die Vollendungsfreude, die dem Zeugnis dieser Männer ein so unerwartetes, erstaunliches Gepräge gibt, öffnet das Oratorium diesen Blick auf die aus der Zukunft schon andrängende, im Glauben erwartete eschatologische Erfüllung.